Der Countdown läuft. In vierunddreißig Tagen beginnt mein persönliches Abenteuer. Ich werde das erste Mal seit knapp vierzig Jahren allein eine Reise antreten. Ganz allein. Sogar der Hund bleibt zuhause.
Die Flüge sind gebucht, Unterkunft und Mietwagen ebenfalls, für neun Tage werde ich auf mich gestellt mit mir allein unterwegs sein.
Mein Ziel ist Portugal. Von Lissabon aus starte ich in Richtung Alentejo in Ostportugal. Und dann? Ja dann sehe ich weiter.
Diese Reise ist der Einstieg in ein geplantes Experiment, das zum Ziel hat, mehrere Wochen oder Monate im Jahr in einem Van allein zu reisen und zu leben. Der Winter in Deutschland ist mir zu lang, zu grau und viel zu unterkühlt.
Ich brauche Sonne, Abenteuer, Freiheit. Und ich brauche Begegnungen, die nur dann zustande kommen, wenn man allein unterwegs ist.
Als junge Frau hatte ich den Traum, nach Ecuador zu reisen, nur mit dem Nötigsten und fernab von touristischen Pfaden. Allein.
Die Angst vor der eigenen Courage, eine frühe Mutterschaft und das sich anschließende Familienleben kamen dazwischen.
Die Kinder sind inzwischen erwachsen, berufliche und sonstige Verpflichtungen sind überschaubar, es kann also losgehen. Jetzt!
Was für viele Menschen selbstverständlich sein mag, nämlich allein zu reisen, ist es für mich nicht. Für mich ist es ein großes Ding, das mir Herzklopfen macht. Einerseits aus Vorfreude, andererseits aus Angst, dass es schief läuft, ich mich überfordert fühle oder es mit mir selbst gar nicht so gut aushalte wie ich bisher immer annahm.
Aber worauf soll ich warten, wenn meine Sehnsucht und mein Fernweh sich vehement und immer stärker zu Wort melden?
Ich glaube, dass uns im Leben das begegnet, was wir für unser persönliches Wachstum brauchen. So ist es für mich kein Zufall, dass mir das Buch von Mandy Raasch in die Hände fiel.
Mandy lebt und arbeitet in einem Campervan und schreibt in ihrem Buch Van Girls darüber, wie sich das freie Leben im Van gestaltet. Sie tut dies keineswegs blauäugig oder in gefilterter Instagram Manier.
Neben vielen praktischen Tipps, Vorschläge für Reiserouten für Anfängerinnen und solche Frauen, die schon länger unterwegs sind, inspirieren mich die Interviews, die sie mit Frauen geführt hat, die sich zwar in Alter und persönlichem Background sehr unterscheiden, die sich jedoch in einem Punkt einig sind: Ich hätte es viel früher machen müssen!
Dieses Buch ist für mich eine Offenbarung, ein Mutmacher, und zwar nicht nur im Hinblick auf das Alleinreisen und Alleinleben im Campervan.
Dieses Buch ist ein frischer, einfühlsamer und klarer Aufruf, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und sich daran zu erinnnern, dass Ängste und Beschränkungen meistens nur im eigenen Kopf stattfinden.
Übrigens werde ich während der Reise meinen Geburtstag feiern. Ich werde achtundfünfzig. Eine Zahl die zeigt, dass es nie zu spät ist, sich auf den Weg zu machen, Neues zu erfahren, etwas zu wagen und die jedenfall mir bewußt macht, dass das letzte Lebensdrittel in vollem Gange ist und mit Leben erfüllt werden möchte. Und zwar genau so, wie die jeweiligen Umstände es zulassen.
Ich bin auf dem Weg. In meinem Tempo, in meinem Rythmus, mit einem Rucksack voller Erfahrungen, die ich bis jetzt in meinem Leben gemacht habe. Schöne und schmerzhafte.
Manche konnte ich abwerfen und mich dem Gefühl der Freiheit und Erleichterung hingeben. Andere treiben hartnäckig ihren Schabernack mit mir.
Eine Reise ist kein Urlaub.
Und wie war das mit dem Ponyhof und dem Leben?
Das Leben ist wie eine Reise. Im besten Fall lebendig. Im allerbesten Fall so frei und einfach wie möglich. Und wenn es superb läuft, hinterlässt man ein paar Spuren und nicht bloß Staub.
Love & Peace,
Christine