Ideenlese

Es ist angeröstet


“Alleinreisen tut nicht gut”

Alleinsein auch nicht. Und dann ist da noch die Dreifaltigkeit der Liebe.

Ich mag, ich schreibe absichtlich mag, weil manche Wörter und ihre Bedeutungen im lodernden Feuer der Superlative und der Darstellung von Gefühlen, verbrennen.

Eine WhatsApp Nachricht ohne Emoji? Unheil droht, da stimmt was nicht, Gefahr in Verzug.

Also. Ich mag es, wenn ein Satz so schlicht und klar ist, dass er mir Raum für Gedanken lässt. Es stimmt. Weniger ist oft mehr. Freiraum den ich meine. Weglassen, statt zu viel und noch mehr hinzuzufügen.

Alleinreisen tut nicht gut?

Wenn ich mich allein auf den Weg mache, auf eine Reise gehe, dann lasse ich einiges zurück und, das liegt in der Natur der Sache, auch weg.

Was brauche ich, was ist unverzichtbar, was gibt mir Sicherheit, was die Freiheit, die ich mir wünsche? ich bin allein und das birgt Gefahren für Leib und Seele. Für die Seele?

Wie konserviert man Ausblicke?

Die Seele, wenn sie die ist, die ich zu erspüren meine, der ich unterstelle, dass es sie gibt, will lernen, kennt weder Moral noch Gefahr, profitiert also von meinem Alleinreisen.

Selbst dann, wenn es meinem leiblichen Wohl an den Kragen geht oder ihm der Garaus gemacht wird. Die Seele ist d’accord.

All das vorausgesetzt, dass die Seelen in irgendeinem System organisiert sind.

Ich weiß es nicht, mein Glaube hat Lücken, mein beschränkter Geist ohnehin und genau in diesen Lücken ist jede Menge Raum für Möglichkeiten des Unmöglichen und Unfassbaren.

Wer allein reisen muss, weil er gegen seinen Wunsch allein im Sinne von einsam ist, für den fühlt es sich nicht gut an, es zu tun. Es ist eine Typfrage und abhängig von Bedingungen.

Nazaré

Wer hingegen, so wie ich, allein reisen will, und sich die Möglichkeiten, diesen Wunsch zu erfüllen selbst schafft, für den ist diese Art zu reisen gut, richtig gut.

Der Mann einer Freundin ist vor drei Jahren ganz plötzlich gestorben. Die beiden haben alles, wirklich alles gemeinsam gemacht. Für diese Freundin ist die Idee, allein zu reisen eine schmerzhafte Zumutung.

Ich lebe in einer ganz anderen Beziehung und einem familiären Umfeld, in dem jeder von uns sehr viel Zeit und Raum für sich selbst braucht. Für mich, für uns, ist Alleinreisen normal und belebend.

Nichtsdestotrotz sind Erlebnisse wie vorgestern, als ich schlapp machte und auch kurz in leichte Panik verfiel, Impulse, nachzudenken.

Ich werde es tun, allein reisen, so oft und so lange ich es kann. Und wir werden es auch gemeinsam tun, so oft und so lange wir es können, reisen und leben.

Und wenn dann einer von uns der Erste ist, der die wahre Alleinreise antritt, dann hat der andere gelernt und erfahren, dass er es allein wuppen kann, das Reisen und das Leben.

Enja, Reisehovawartin

Und darin findet der gewiefte Beobachter der Szene die Dreifaltigkeit der Liebe.

Ist eine Typfrage. 😉 Manche Löwin frisst Gras, um ans Fleisch zu kommen.



15 Antworten zu „“Alleinreisen tut nicht gut””.

  1. Ein sehr schöner Artikel, er tut der Seele gut. Ich hab das Allein Sein auf einem sehr harten und mühevollen Weg gelernt. Heute genieße ich es zutiefst, beziehe die Kraft daraus weiterzumachen, die Hindernisse mit denen das Leben so aufwartet zu nehmen.
    Ich wünsche Dir noch ganz viel Freude bei Deinen Reisen
    Liebe Grüße
    Daniela

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    1. Danke liebe Daniela! Ja es gilt Hindernisse zu überwinden, und zwar nicht zu knapp. Reisen ist eben kein Urlaub.

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      1. Ja, das glaube ich gerne. Alles Gute für Dich…

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  2. Rilke, Briefe an einen jungen Dichter „Und wenn wir wieder von der Einsamkeit reden, so wird immer klarer, daß das im Grunde nichts ist, was man wählen oder lassen kann. Wir sind einsam. Man kann sich darüber täuschen und tun, als wäre es nicht so. Das ist alles. Wieviel besser ist es aber, einzusehen, daß wir es sind, ja geradezu, davon auszugehen.“
    Alleinreisen ist etwas völlig anderes als mit jemandem zu reisen. Es hat existentielle Tiefe.

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    1. Ja, liebe Gerda, genau so. Tiefe. Manchmal mehr, als einem lieb sein kann? Und doch so sehr ist.
      Danke dir sehr, für dein « Mitgehen ».

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      1. Es ist gut, wenn es dann irgendwann eine Pause gibt im Alleinreisen und man sich in ein umarmendes Nest plumsen lassen kann….Schlimm wird es, wenn das auffangende System nicht mehr da oder allzu stark belastet ist.
        Ich las eben bei Sandra (Denkzeiten) eine Rezension, die dies Thema enthält (http://denkzeiten.com/2023/03/06/bettina-storks-die-poesie-der-liebe-ingeborg-bachmann-und-max-frisch/)

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        1. Die las ich auch und es wird die Lektüre meiner « Wiedereingliederung » sein, dann, in knapp drei Wochen; zum Plumsen ins Nest.
          Schön, dass du Sandras Texte offenbar auch liest.

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  3. Danke für diesen offenherzigen Text! (ich betone das jetzt nicht extra; denn alle Deine Texte sind offenherzig)…
    Ja, es ist eine Typfrage, ob mensch allein reisen kann und will, und es ist etwas anderes, allein zu reisen, als mit einem oder mehreren anderen Menschen zusammen; aber eine Frage lässt Dein Text offen (zumindest für mich): Was gibt Dir das Alleinreisen? Was ist das Besondere daran für Dich? Warum erstrebst Du es?

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    1. « Mein » lieber J:)rgen! Deine Fragen sind wie der Mürbeteig zwischen den Buttercremeschichten im Frankfurter Kranz; ich esse ihn sooo gern!
      … und werde – früher oder später an diesem Regentag – in medias res gehen.
      Echt? Offenherzig? So sei es. Herz hab ich – groß und viel.

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  4. Was gibt mir das Alleinreisen?
    Es befriedigt meine Abenteuerlust, und die Möglichkeit, mich nur um mich kümmern zu müssen und vor allem, zu wollen. Es gibt mir ein Stück ungelebtes Leben zurück, zeigt mir eine Idee davon, was noch an Lebensentwurf möglich gewesen wäre. (Ich habe in sehr jungen Jahren schon sehr viel Verantwortung gehabt; selber früh Kinder bekommen und lange angepasst gelebt – subjektiv, objektiv, ist eine andere Frage)
    Ich bin neugierig und offen für Neues. Mich „ohne Anhang“ zu bewegen, für eine Spanne Zeit, das macht mir Spaß, bringt mich emotional und körperlich auch an meine Grenzen – und, ja, gewissermaßen strebe ich diese Erfahrung an und reise allein.
    Es ist meine dritte Alleinreise. Und ich merke, dass es, jedenfalls was Portugal betrifft, eine längere Pause geben wird; auch, dass ich nicht die ganze Zeit allein sein möchte; dass ich eine abgewandelte Form suche und finden werde.
    Und hinter jeder Geschichte stecken noch viele andere, die Anteil an Entwicklungen haben.

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  5. Ich beneide dich sehr um das Tun – also das Allein reisen. Persönlich tat ich es noch nie…. jedoch nicht aus Angst, allein zu sein, sondern weil mir im Anschluss etwas fehlen würde. Nämlich das miteinander teilen der Eindrücke und Bilder des Urlaubes.
    Das nochmalige Erinnern nach dem Motto: „Riech mal, hier riecht es gerade genauso, wie da und da. Oder „Schau mal, das haben wir im Urlaub doch auch gesehen, weißt du noch…?“ Das ist für mich ein wieder Eintauchen in den Urlaub, der längst vergangen ist…
    Das ist aber mein persönliches Problem und da ich reiselustig bin, wird sich das ja vielleicht auch nochmal irgendwann ändern. 🙂
    Hab du weiterhin viel Spaß und genieß die schönen Seelenmomente!!!
    LG Bea 🙂

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    1. Guck mal, liebe Bea. Mag sein, dass da der eine oder andere Beitrag für dich dabei ist.

      Was das Teilen von Eindrücken angeht, ja, das stimmt! Insofern freue ich mich auch, dass mein Mann am Donnerstag kommt und wir dann gemeinsam Lissabon nach mehr als 10 Jahren, erkunden.
      Wie ich schrieb, wird es für mich vorerst diese Form des Reisens nicht geben.
      Wir sind eben alle soziale Wesen. Und alles hat seine Zeit.
      Liebe Grüße in die heimatlichen Gefilde!

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      1. Danke für den Link, liebe Christine – nur ist mein Englisch nicht perfekt genug, um das so auf die Schnelle zu verstehen – aber ich schaue da mal rein, wenn ich mehr Zeit habe! 🙂
        Umarmung und liebe Grüße retour <—- 😘👩‍❤️‍👩

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        1. So mies wie mein Englisch kann deins noch nie gewesen sein – echt nicht. 🤣

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