Kann es sein, dass Liebe nichts Hässliches erkennen kann? Dass Liebe gar nicht blind macht, sondern einfach anders guckt?
Und kann es sein, dass das, was geliebt wird nicht ständig verfügbar und im eigenen Leben präsent sein muss?
Wenn du es liebst, lässt du es los?




Nehmen Sie die Fähre, sagt mein Navi und ich kann nicht anders, als laut zu lachen. Tatsächlich geht’s nicht weiter, die Straße endet, ein Fluß ist ein Fluß ist ein Fluß. Der Tejo.
Die Fähre ist ein Teil, dem ich nicht traue, ich müsste sie selbst in Gang setzen und dafür fehlt mir ein Quäntchen zum vollendeten Abenteuergeist. Bitte wenden ist die Alternative und wir kommen tatsächlich in Nazaré an, kurzes Einchecken und gleich weiter zum Praia do Norte.









Die Fotos und Videos geben nur im Ansatz wieder, welche Kraft und Höhe die Wellen haben. Ein Surfer war tatsächlich unterwegs am legendären Surferstrand Praia do Norte. Ansonsten fast menschenleer, und es war warm genug, sich einfach in den Sand fallen zu lassen, Salzluft einzuatmen und aufs Meer zu gucken. Wirklich toll!
Im Sommer war ich am Stadtstrand und wollte deshalb unbedingt noch einmal hierher, um den Norte zu sehen.
Der Ort ist touristisch und für einen menschenscheuen Drops wie mich um diese Jahreszeit gerade noch zu ertragen. Enja hat irgendetwas nicht vertragen und prompt auf die Promenade gekotzt. Sternstunden beim Reisen mit Hund.
Auch mir ging’s nicht gut. Auf dem Fußweg zurück zur Quinta wurde mir so schwindelig, dass ich mich vor eine kleine Kirche setzen musste und schließlich für einen kurzen Moment das Bewusstsein verlor.
Es können wirklich nur Sekunden gewesen sein; aber ich bekam Angst. Zum ersten Mal kamen mir Zweifel am Alleinreisen. Es war niemand da, der mir im Fall der Fälle hätte helfen können.
Vor Reiseantritt hatte ich mir Notfallnummer und auch die Adresse vom nächsten Krankenhaus gespeichert. Im Fall einer Ohnmacht hilft das allerdings gar nicht.








An irgendeiner Mautstation hab ich verpeilt, ein Ticket zu ziehen, was dazu führte, dass ich fast 50,- € „verbrannt“ habe, because in Portugal you pay the green line when you don’t have a ticket. Toll! Da weiß man doch, dass Omas Spruch, aus Schaden wird man klug, eine wahre Aussage ist und tritt den Rückweg unter Umgehung von Zahlstraßen an, was erstens vorausschauendes Fahren auf ein neues Level hebt und zweitens, Einblicke in Landstriche schenkt, sie alles sind aber nicht schön.
Verfallene Häuser, zugewucherte, ehemalige Restaurants, ganze Dörfer, die zerfallen, außer die Kirche, die steht und glänzt wie ne Eins neben all den zugemüllten und verwahrlosten Leerständen.
Hier ist Portugal das Land der alten Männer. Ich sehe tatsächlich nur alte Männer, die gehen, stehen, sitzen, etwas trinken. rauchen, miteinander quatschen.
Wie überall aufm platten Land.
Ich hätte viele Fotos machen können. Wollte ich aber nicht, weil ich Gast in diesem Land bin und keine investigative Karla Kolumna.
Es ist hier wie anderswo auch. Und, siehe meine einleitenden Überlegungen: der Blick der Liebe erkennt und liebt. Er braucht keine Nischen oder Lücken. Keine Darstellung von Gefühlen wie Glück und keinen Rückzug ins Künstliche.
Liebe ist wie am Meer sitzen, atmen und schauen und: in die Brandung springen. Ist sie so? Auch.




Es war wunderschön am Meer. Ich mag es sehr, dort zu sein, besonders am Atlantik (und Pazifik, aber das ist eine andere Geschichte).
Wieder in Castelo zu sein, ist wie nach Hause kommen, das bleibt, wie mir scheint. Auch wenn ich es nicht immer haben und hier sein kann und immer wieder loslassen muss, so habe ich zarte Wurzeln geschlagen.
In diesem Dorf am Arsch der Welt, wo nix los ist. Und wo es gerade regnet und der Himmel grau in grau changiert. Da ist dieses Licht. Krass, das mit der Liebe.
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